Die Hunderute


Der Begriff Rute umfasst wie bei allen Wirbeltieren auch beim Hund die Gesamtheit von Schwanzwirbeln, Muskeln, Bändern, Haut und Fell.

Dabei bilden die beweglichen Wirbel die knöcherne Struktur des Schwanzes, welche je nach Hunderasse und Individuum aus bis zu 23 Wirbeln besteht. Als Fortsetzung der Wirbelsäule ähneln sie zu Beginn in ihrer Form den Lendenwirbeln. Nach und nach verändert sich jedoch ihre Gestalt, dabei werden sie immer dünner bis sie zum Schluss kaum mehr Merkmale eines Wirbels aufweisen.

DIE VERSCHIEDENEN BEREICHE DER HUNDERUTE

Die Hunderute kann grob in die Bereiche Rutenansatz, die Rute, die je nach Hund unterschiedlich lang sein kann, sowie in die Rutenspitze unterteilt werden: Jeder dieser Bereiche kann für sich alleine angeschaut und beschrieben werden und dir schon viel darüber erzählen, was in deinem Hund gerade vor sich geht.

Die Rute als GanzesHängt sie locker herunter oder trägt er sie nach oben oder gerade nach hinten?
Der RutenansatzIst er überm genau auf oder unter der Rückenlinie?
Bedeckt er den Po?
Die RutenspitzeZeigt sie nach links, rechts oder nach vorne?
Ist sie locker oder unter den Bauch gezogen?
Das Fell
Liegt es normal an oder ist es gesträubt?
Bewegen sich die Haare?
BewegungBewegt sich die Rute und wenn ja wie?
Anspannung
Ist die Rute locker oder erkennt man Muskelspannungen?

Obwohl die Rute in sich sehr beweglich ist und allerlei Formen annehmen kann, können Hunde damit nicht wie Affen nach Dingen greifen oder sich irgendwo festhalten. Aber auch ohne diese Fähigkeit erfüllt ihre Rute wichtige Aufgaben. Denn sie unterstützt den Hund beim Balancieren und anderen Bewegungen. Sie ist aber auch ein wichtiges Kommunikationsmittel.

DIE VIELFALT DER HUNDERUTEN

Ebenso vielfältig wie unsere Hunde, sind auch deren Ruten. Mal sind sie spitz und lang, mal zu einem Kringel gerollt, manche sind stark behaart andere wiederum ganz glatt. Hier eine kleine Auswahl:

Dadurch unterscheiden sie sich natürlich auch in ihrer Beweglichkeit und Formbarkeit. Was dann auch zu Missverständnissen in der Kommunikation führen kann. Und so werden dann auch viele Hunde durch die Stellung der Ringelrute irritiert, wenn sie damit nicht vertraut sind.

ANOMALIEN DER HUNDERUTEN

Auch Ringelruten können im entspannten Zustand bei vielen Hunden locker herunterhängen. Bei meinem ersten Hund blieben die letzten Wirbel jedoch immer eingerollt. Und auch bei den Tellington Touches zeigte sich, dass sie sich nicht bewegen lassen. Das kann die Folge einer Verletzung gewesen sein oder auch einer Missbildung der Wirbel.

Stummelrute einer Bulldogge

Ebenso bekannte Anomalien sind die Knickrute (entstanden durch eine Verletzung oder durch einen Keilwirbel) sowie die Stummelrute mit ihrer mehr oder weniger starken natürlichen Verkürzung des Schwanzes.

Leider sind davon oft nicht nur die Schwanzwirbel betroffen, es kann auch zu Veränderungen in der Wirbelsäule führen. Weshalb zum Beispiel beim Aussie eine Verpaarung von zwei natürlichen Kurzschwänzen (NBT=Natural Bobtail) nicht erlaubt ist.

TYPISCHE ERKRANKUNGEN DER HUNDERUTEN

Dazu zählen einerseits Verletzungen durch einen Unfall aber auch Verletzungen, wenn der Hund die Rute beim Wedeln an Kanten und Möbeln anschlägt, was bei kurzhaarigen Hunden gerne mal zu Wunden führt, die schlecht verheilen. Manchmal ist die Verletzung so gross oder die Wunde verheilt so schlecht, dass ein Teil der Rute amputiert werden muss.

Eine weitere, sehr schmerzhafte Erkrankung ist die Wasserrute, die häufig nach einem Bad im kalten Wasser auftreten kann. Aber nicht nur. Zum Glück reicht hier eine Schmerzbehandlung und Ruhe damit sich die Rute wieder erholt.

Auch wenn die Ursache des Cauda-Equina-Syndrom nicht direkt in der Rute liegt, so wirkt sich diese Verengung, welche in der Regel im Übergang vom letzten Lendenwirbel zum Kreuzbein zu finden ist, auch auf die Beweglichkeit der Rute aus. Hier hilft nur noch eine Operation, um diesen Bereich zu entlasten.

DIE KOMMUNIKATIVE HUNDERUTE

Dank unzähliger Muskeln und der Beweglichkeit der Wirbel kann die Hunderute neben der entspannten Normalhaltung noch viele andere Formen annehmen. Selbst Hunde mit Stummel- und Ringelruten sind oft noch in der Lage dazu, wenn auch deutlich eingeschränkter. Als Ausgleich nutzen diese Hunde dafür andere Körpersignale deutlich ausgeprägter.

Um die Veränderungen zu erkennen, ist es wichtig, dass du dir erst einmal die Rute deines entspannten Hundes anschaust: Wie trägt er sie, wie sieht sein Rutenansatz aus und wo zeigt seine Spitze hin.

Und dann vergleiche sie in Situationen, in denen dein Hund aufgeregt ist, sich ängstigt, jemanden begrüsst oder er konzentriert beschäftigt ist. Erkennst du dabei auch Veränderungen während er es tut: Viele Hunde nehmen zum Beispiel unmittelbar bevor sie losrennen, für einen kurzen Moment die erhobene Rute nach unten.

Lass uns ein paar Bilder dazu anschauen:

WIE DIE HUNDERUTE GETRAGEN WIRD

Hier ein kleine Auswahl anhand von Ruten, die im Ruhezustand locker nach unten getragen werden.


A R-Ansatz über der Rückenlinie, Rute nach oben getragen, R-Spitze nach vorne eingerollt
(starke Anspannung)
B R-Ansatz über der Rückenlinie, Rute nach hinten getragen, R-Spitze nach unten/links zeigend
(in Bewegung)
C R-Ansatz auf der Rückenlinie, Rute und R-Spitze gerade nach hinten (jagdlich interessiert)
D R-Ansatz unterhalb der Rückenlinie und den Po abdeckend, Rute hängend, R-Spitze leicht ausgestellt (entspannt stehend)
E R-Ansatz unterhalb der Rückenlinie und den Po abdeckend, Rute angezogen, R-Spitze nach innen (angespanntes Beobachten)
F R-Ansatz unterhalb der Rückenlinie und den Po abdeckend, Rute angezogen, R-Spitze unter den Bauch gezogen (verunsichert/ängstlich)

DIE STELLUNG DES RUTENANSATZES


A Hoch angesetzter Rutenansatz mit Kringel
B R-Ansatz oberhalb der Rückenlinie, Rute mit Bogen, Spitze nach oben
C R-Ansatz oberhalb der Rückenlinie, Rute nach oben leicht rechts, Spitze nach vorne
D R-Ansatz oberhalb der Rückenlinie, Rute gerade nach oben/leicht rechts, Spitze nach vorne
E R-Ansatz oberhalb der Rückenlinie, leicht nach hinten ausgestellt, keine Schwanzspitze
F R-Ansatz unterhalb der Rückenlinie und ausgestellt, Rute zeigt einen 90 Grad Winkel, Spitze hängend/angespannt
G R-Ansatz oberhalb der Rückenlinie und an den Po gezogen, Rute ist eng an das Bein gezogen, Spitze zeigt nach Aussen
H R-Ansatz stark angezogen und den Po bedeckend, Rute angezogen, R-Spitze unter den Bauch gezogen

DIE LAGE DES FELLS

Hier siehst du unterschiedlich aufgeplusterte Ruten, das heisst, das Fell liegt nicht so eng an der Rute an, wie im entspanntem Zustand – vergleichbar mit dem gesträubten/aufgestellten Fell auf dem Rücken wenn der Hund unsicher ist. Beim dritten Bild kommt noch die Bewegung der Rute dazu.

DIE WEDELNDE HUNDERUTE – IST NICHT IMMER FREUNDLICH

Ein wedelnder Hund ist freundlich gestimmt und will gestreichelt werden. Bestimmt hast du dies auch schon gehört und hast vielleicht auch schon gemerkt, dass dies nicht immer richtig ist.

Es stimmt, dass die Rute die Gefühle und Emotionen des Hundes ausdrücken kann, aber dazu gehört mehr als nur Freude. Denn genauso kann sie Aufregung oder Unfreundlichkeit anzeigen.

Und was ist mit…

  • dem Terrier, der mit hochaufgerichteter Rute wild wedelnd vor dem Mäuseloch steht
  • dem unsicheren Hund, der mit tiefgetragener Rute langsam wedelnd auf dich zu kommt
  • dem angespannten Hund, dessen hochgetragener Schwanz nur in der Spitze langsam hin und her wedelt
  • dem entspannten Hund, dessen Rute breit von einer Seite zur anderen Seite wedelt
  • und alle Nuancen dazwischen

All diesen Rutenbewegungen liegen ganz unterschiedliche Motivationen zugrunde. In der folgenden Tabelle findest du eine grobe Einteilung. Bedenke aber, dass du auch hier je nach Hund und seinen Erfahrungen Nuancen feststellen wirst. Deshalb gilt auch hier, schau dir immer die Situation und auch die übrigen Körpersignale an, um deinen oder den entgegenkommenden Hund einzuschätzen.

Leichtes Wedeln mit weicher, tiefgehaltener RuteBegrüssung, freundlich aber nicht überschwänglich
Breites, weiches und weit ausholendes WedelnDer Hund ist freundlich und fühlt sich wohl
Langsames Wedeln mit tiefer RuteAnzeichen für leichtes Unwohlsein
Propellerartige RutenbewegungGrosse Aufregung, oft mit leichter Überforderung (nicht alle Hunde können ihre Rute so bewegen)
Kleine, schnelle Bewegungen mit tiefer RuteLeichte Erregung verbunden mit Unsicherheit
Kleine, langsame Bewegungen mit steifer, erhobener RuteAngespannt, oft auch beim Imponieren
Kleine, schnelle Bewegungen mit erhobener RuteOft bei Hunden vor dem Mäuseloch zu sehen
Erhobene Rute, kaum BewegungSehr angespannt, ein Angriff oder Beutemachen ist möglich

Aber wie bei Allem, gilt auch hier: Das Wedeln ist nur ein Teil der Kommunikation. Deshalb ist es wichtig, sich dabei auch immer die restlichen Signale und die einzelnen Hunde anzuschauen.

DIE WEDELRICHTUNG – EIN INDIZ FÜR DIE LAUNE

Italienische Forscher haben herausgefunden, dass die Wedelrichtung auch etwas über die Laune des Hundes aussagt. Wedelt der Hund stärker nach rechts (von ihm aus gesehen), deutet dies auf einen positiv gestimmten Hund hin, geht der Ausschlag mehr nach links, steht dies für negative Emotionen. Andere Hunde nehmen dieses Signal beim Gegenüber sehr bewusst wahr und reagieren entsprechend darauf. Selbst wenn den Hunden nur Silhouetten gezeigt wurde.

WENN DIE RUTENSPITZE SAGT, WER GEMEINT IST

Betrachtet man die Rutenspitze erkennt man sehr oft, dass sie entweder in Richtung des anderen Hundes zeigt oder im Gegenteil, von ihm weg. Ersteres sagt: du bist gemeint. Zweiteres, ich will dich nicht herausfordern.

Hund li: Rute seitlich weg, Spitze zu den Anderen
Hund re: Rutenspitze auf den Dackel zeigend

Bei Beiden zeigen die Rutenspitzen weg vom Gegenüber. Rechts deutlicher als links.

Obwohl beide am Boden schnüffeln, zeigen die Rutenspitzen
deutlich, dass sie hier miteinander kommunizieren.

In diesem Folgebeitrag zeige ich dir Bilder und Videos in der direkten Kommunikation zwischen verschiedenen Hunden

© 2021 (letzte Überarbeitung 2023) Monika Oberli, Teamschule.ch

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