Angst schränkt nicht nur die Lebensqualität ein, sie erschwert auch das Lernen und kann sich auf viele andere Dinge ausweiten.
Vielleicht hast du auch schon gelesen, dass du deinen Hund bei Angst nicht trösten darfst, damit du diese nicht noch verschlimmerst. Oft noch mit dem Tipp, ihn am Besten gleich ganz zu ignorieren.
Dieser Ratschlag ist nicht nur veraltet, er führt genau zum Gegenteil von dem was dieser beabsichtigt. Durch das Nicht-Beachten verliert dein Hund nämlich auch noch seine letzte Sicherheit und wird noch mehr verunsichert.Dabei bräuchte er dich in seiner Angst noch dringender als sonst.

Isolation und Nicht-Beachten führt dazu, dass die Angst grösser wird
während sie durch deine Nähe und soziale Unterstützung gelindert und reduziert wird.
Denn auch bei dir verstärkt sich deine Angst vor Spinnen ja nicht, wenn dich Jemand in den Arm nimmt oder die Spinne entfernt. Im Gegenteil, du fühlst dich erleichtert. Genau gleich geht es deinem Hund, wenn du ihm in seiner Angst zur Seite stehst. Und wenn dabei immer noch etwas Gutes bei dir passiert, können sich leichte Unsicherheiten und Ängste schnell legen.
Deshalb biete deinem Hund die Hilfe und Unterstützung an, die er annehmen kann. Manche Hunde brauchen Körperkontakt, anderen wiederum reicht es, wenn du einfach in seiner Nähe bist oder mit ihm was Schönes machst.
Ich nutze hier den Begriff Angst im umgangssprachlichen Sinn. Selbstverständlich ist damit auch die Furcht vor bestimmten Dingen gemeint.
Reagiert dein Hund jedoch schon panisch oder beeinflusst die Angst einen Grossteil seines Lebens, dann braucht er weitergehende Hilfen als nur gerade im Moment.
ANGST IST NICHT EINFACH NUR SCHLECHT
Angst warnt uns vor möglichen Gefahren und setzt den Körper in Alarmbereitschaft, damit wir möglichst schnell handeln können. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine echte oder gedachte Bedrohung handelt – die körperliche Reaktion ist die gleiche. Angst und Furcht sind deshalb auch nicht willentlich steuerbar sondern sind ganz normale Emotionen wie Freude, Wut und Trauer.
Treten diese unguten Emotionen jedoch häufig grundlos auf oder begleiten sie deinen Hund in vielen Situationen, sind sie keine Hilfe mehr. Sie können ihn langfristig sogar krank machen. In dem Fall hilf deinem Hund durch ein entsprechendes Training, das vielleicht auch noch medizinisch und mit alternativen Mitteln unterstützt wird.
ANGST KANN DURCH DICH VERSCHLIMMERT WERDEN
Die folgenden Verhalten von dir können die Angst deines Hundes aber tatsächlich verschlimmern
- Wenn du dich ganz anders verhältst als sonst
- Wenn du übertrieben und/oder mit grosser Hektik auf das Verhalten deines Hundes reagierst
- Wenn du ihn hektisch streichelst oder kraulst – wenn er es mag, streiche deinem Hund langsam über den Körper und spüre wie er wo darauf reagiert. Lass auch die Beine dabei nicht aus und atme ruhig
- Wenn du viel und vor allem aufgeregt mit ihm sprichst – hingegen kann ruhiges Sprechen beruhigend wirken
- Wenn dein Hund merkt, dass du selbst Angst hast oder du dich stark erschreckt hast
- Wenn du deinen Hund in seiner Angst alleine lässt oder gar wegschickst
- Wenn du ihn für sein Verhalten bestrafst oder es verbietest
Versuch daher nicht deinen Hund mit (zu) vielen gut gemeinten Worten und hektischem Streicheln zu trösten. Er versteht ja nicht, weshalb du dies tust, sondern denkt sich, dass du ebenfalls aufgeregt bist. Dies könnte dann tatsächlich seine Angst vergrössern.
Das erste Mal ist mir diese Art der unbewussten Verstärkung bei einem Hund aufgefallen, der Anfangs der 20er Jahre in meiner Wandergruppe dabei war und ängstlich auf Knallen und Donner reagierteel. Leider blieben wir auf unseren Wanderung nicht immer ganz davon verschont. Die Besitzer hatten aber immer Rescue-Tropfen dabei, die sie ihrem zitternden Hund einflössten. Damit dies in seiner Angst gelang, mussten sie ihn jedoch einfangen und gemeinsam eingeben.
Eines Tages waren die Besitzer mit ihrem Hund bei mir im Garten auf Besuch. Während des Gesprächs merkten sie nicht, dass es einmal knallte. Ihr Hund jedoch schon. Dieser schaute aber nur kurz auf und als niemand reagierte, entspannte er sich schnell wieder. Das war für mich ein Aha-Erlebnis und ich üerlegte mir, was der Unterschied war. Dies ist natürlich jetzt nicht der Aufruf, seinen Hund zu ignorieren. Denn wenn es mehrmals geknallt hätte, hätte der Hund bestimmt Angst bekommen. Aber es zeigte mir, wie viel auch das Verhalten bzw. die Ruhe des Besitzers ausmachen kann.
DEINE RUHE HILFT AUCH DEINEM HUND
Atme erst einmal ruhig durch. Biete ihm dann möglichst entspannt deine Nähe an oder setz dich einfach in seine Nähe, wenn er nicht direkt bei dir sein möchte.
Wenn jedoch nichts mehr möglich ist und dein Hund nur noch weg will, verlass möglichst schnell aber ruhig die Situation (selbst wenn du deinen Hund dazu tragen musst, weil er ins Freeze geht). In seiner Angst kann dein Hund in dem Moment eh nichts mehr lernen.
Falls möglich, halte in ausreichender Distanz wieder an und biete deinem Hund etwas Schönes an. So bleibt dies die letzte Erinnerung bevor ihr ganz nach Hause geht.
HIER HILFT IGNORIEREN TATSÄCHLICH
Erschrickt sich ein Hund nur kurz und geht dann wieder seiner vorherigen Tätigkeit nach, kannst du das einfach so stehen lassen. Blickt dein Hund dabei jedoch kurz zu dir, um zu schauen was du machst, dann lächle ihn an und geh dann ganz normal deiner Beschäftigung weiter nach.
Sollte dein Hund jedoch bereits kleine Signale von Unsicherheit zeigen und nicht von sich aus wieder entspannen, dann hilf ihm. Erst recht, wenn du siehst, dass er nicht nur unsicher ist, sondern richtig Angst hat (wie du die Unterschiede erkennst, beschreibe ich hier: Angst beim Hund)
JEDER HUND ENTWICKELT SEINE EIGENE STRATEGIE
Denn während ein Hund deine Nähe sucht, möchte der Andere nicht angefasst werden. Trotzdem braucht auch dieser Hund deine Unterstützung, die einfach etwas anders aussieht. Deshalb schau auch hier genau hin, was dein Hund in diesen Situationen braucht und hilf ihm gute Strategien zu finden, die für ihn passen und Niemanden gefährden.
Als Sandro mit 7 zu mir kam, war seine einzige Strategie bei Angst zu flüchten. Mit der Zeit merkte er jedoch, dass er sich auch in meiner Nähe sicher fühlen kann und kam gerne zwischen meine Beine.
Jason hingegen wollte sich in dem Moment einfach erstmal alleine bewegen, um sich zu beruhigen. Danach konnte er sich in meiner Nähe hinlegen. Nur einmal kam es Draussen dazu, dass er sicg durch einen sehr lauten Knall erschrack und weglaufen wollte. Ich habe noch versucht, ihn zu mir zu locken, um ihn an die Leine zu nehmen. Er versuchte es dreimal, dann aber drehte er um und lief weg. Im Verlaufe des Trainhs merkte er dann, dass es ihm hilft, wenn er die Ursache seiner Erschreckens einfach kurz verbellt.
Dank dem Geräuschetraining konnten beide ihre Angst so ganz abbauen.
STRAFEN BEI VERHALTEN, DIE AUF ANGST BEGRÜNDET SIND
Egal ob dein Hund bellt, panisch an der Leine zieht oder sich unter die Büsche verkriechen möchte, korrigiere dieses Verhalten nicht. Erstens ist er in dem Moment in seiner Angst gefangen, da kann der Hund weder bewusst handeln und noch weniger etwas Lernen.
Zudem haben Strafen, erst recht positive Strafen im Zusammenleben mit unseren Hunden nichts zu suchen.

Du schaffst es dadurch vielleicht sogar das Verhalten zu stoppen, die Gefühle der Angst hingegen bleiben bestehen. Denn wie alle andere Emotionen kann auch Angst nicht willentlich gesteuert werden und noch weniger durch Strafe oder ein Verbot gestoppt werden.
Dein Hund kann sie einfach nicht mehr äussern, weil nun auch noch die Angst vor deinem Verhalten dazu gekommen ist.
Dagegen ist wissenschaftlich schon längst widerlegt, dass Nähe und Zugewandtheit die Angst deines Hundes verstärken. Und aus eigener Erfahrung wissen wir ja selbst, wie schön es ist, wenn in Situationen, die uns ängstigen Jemand bei uns ist, der uns Sicherheit gibt.
ETIKETTEN UND SCHUBLADENDENKEN
Wann immer wir unserem Hund ein Etikett anhängen wie er ist ängstlich, unsicher, dominant, aggressiv… übersehen wir, dass unser Hund unsere Hilfe und nicht unser Schubladendenken braucht. Deshalb überlege dir immer, welche Bedürfnisse und Ursachen zu seinem Verhalten geführt haben und erfülle diese so weit wie möglich oder such nach Alternativen.
Hunde machen nicht etwas gegen dich. Vielmehr handeln sie aufgrund eigener Bedürfnisse und Motivationen.
Weiterführende Artikel
- Angst, Furcht und Panik – eine Definition
- Wenn dein Hund Angst vor Feuerwerk hat
- Alles rund um das Thema Angst
© 2013 (Letzte Überarbeitung 2023) – Teamschule – Monika Oberli










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