Angst, Furcht und Panik

Angst zu haben ist eine gesunde Reaktion auf eine Gefahr. Wer Angst hat, handelt besonders vorsichtig und aufmerksam und vermeidet unnötige Risiken.

Gleichzeitig bereitet Angst den Körper auf ein schnelles Handeln vor: die Muskeln spannen sich an, das Herz schlägt schneller und es werden Stresshormone ausgeschüttet. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine tatsächlich vorhandene Gefahr handelt oder eine, von der wir befürchten, dass es gleich passiert. Ist die Gefahr vorbei, entspannt sich auch der Körper wieder.

WENN ANGST KRANK MACHT

Tritt die Angst grundlos oder übertrieben stark auf, macht sie den Hund langfristig krank, seelisch sowie körperlich. Das gilt auch, wenn der Hund immer wieder denselben belastenden Situationen ausgesetzt wird.

Denn die dabei gebildeten Stresshormone bleiben auch nach Beendigung der Gefahr noch eine Weile im Körper aktiv. Manchen brauchen gar mehrere Tage bis sie abgebaut sind. Erlebt der Hund daher öfters seine Angst, hat der Körper keine Chance, sich zu entspannen.

Nun ist Angst aber erst einmal ein Überbegriff für verschiedene Ängste. Für das Training und die Behandlung ist es aber wichtig die Unterschiede zwischen Unsicherheit, Furcht und Angst zu kennen.

UNSICHERHEIT

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Unsicherheit lässt deinen Hund vorsichtiger agieren. Er ist aber immer noch in der Lage, überlegt zu handeln und Situationen richtig einzuschätzen.

Durch entsprechende Unterstützung und Training kann der Hund lernen, die verunsichernden Situationen entspannter zu erleben so dass sie ihn irgendwann nicht mehr beunruhigen.

Dabei helfen ihm konditionierte Entspannungssignale ebenso wie viele neutrale oder positive Erfahrungen über einen längeren Zeitraum (siehe auch Desensibilisierung und Gegenkonditionierung). Beginne möglichst früh damit und bedenke, dass von Aussen oft noch nicht viel zu sehen ist, während es es innen im Hund bereits kräftig brodelt. 

Bleibt die verunsichernde Situation jedoch bestehen oder wird ein Hund dieser immer wieder ausgesetzt, kann die Unsicherheit auch in Angst oder Furcht umschlagen. Weitere Gründe sind:

  • der Hund macht in der gleichen Situation immer wieder schlechte Erfahrungen
  • der Hund wird vom Menschen alleine gelassen und er muss die Situationen alleine bewältigen
  • der Hund wird von seinem Besitzer für seine Reaktionen wie bellen oder knurren ausgeschimpft
  • der Besitzer wirkt selbst unsicher, weil er zum Beispiel ungewohnt viel spricht oder sich hektisch bewegt
  • der Hund wird durch eine schlecht durchgeführte Gegenkonditionierung überfordert

FURCHT

Dabei fürchtet sich der Hund vor einem vorhandenem Auslöser, welchen er in dem Moment als reale Bedrohung oder Gefahr wahrnimmt (wie andere Hunde, fremde Menschen, Orte, Gegenstände, Fahrzeuge, Situationen, Gerüche …). Er ist aber meist noch in der Lage zu handeln, indem er entweder flieht oder angreift. Ist der Auslöser verschwunden, verschwindet in der Regel auch die Furcht gleich wieder.

Du kannst deinem Hund helfen, indem du mit ihm auf Abstand zur Gefahr gehst und er sie dann aus sicherer Distanz kennenlernen darf, wenn er möchte.
Bei Gegenständen kann die Furcht über eine langsame Annäherung, abgebaut werden. Wichtig ist dabei, dass die Belohnung immer weg von der Gefahr gegeben wird.
Daneben hilft eine systematische Gegenkonditionierung mit anschliessender Desensibilisierung mit Unterstützung einer Trainerin, die sich damit auskennt.
Auch ein Training und ein Alltag, das sein Selbstbewusstsein stärkt und die wenige zusätzliche Stressoren und Frustration beinhalten, sind für ihn wertvoll – übrigens auch für andere Hunde.

Jeder Hund reagiert anders wenn er sich fürchtet. Die meisten werden entweder angreifen oder flüchten. Am schlimmsten ist es jedoch für den Hund, der in diesem Moment einfriert, weil dies oft von seinem Menschen nicht bemerkt wird. Oder der Hund, der wild um den anderen herumhüpft, da dies von den Menschen meist als Spiel missinterpretiert wird. Dabei handelt es sich bei allen um Verhalten, welche auf einen Konflikt hindeuten (4F – Konflikt- und Stresssverhalten)

ANGST

Der Hund befürchtet, dass gleich etwas Gefährliches oder Unheimliches passieren wird, ohne dass es einen ersichtlichen Grund dafür gibt. Und weil er so jederzeit mit etwas Schlimmen rechnet, ist die Angst seine ständige Begleiterin.

Sehr oft resultiert seine Angst aus früheren schlimmen Erlebnissen. Er wurde vielleicht von einem Hund angegriffen und befürchtet nun, dass jederzeit wieder ein gefährlicher Hund auftauchen könnte.

Auch Hunde, die in den ersten Lebenswochen und -monaten wenig erlebt haben, bleiben oft ein Leben lang ängstlicher. Da es aber keinen echten „Feind“ gibt, wissen sie nicht, wie sie es verhindern können. Dadurch ist er seinen Gefühlen hilflos ausgesetzt.

Am Anfang kommt die Angst vielleicht nur an bestimmten Orten oder in bestimmten Situationen auf. Mit der Zeit kann sich diese Angst jedoch weiter ausbreiten. Und im schlimmsten Fall wächst sie sich zur Panik aus und der Hund hat schon Angst vor der Angst.

Das schränkt nicht nur seine Lebensqualität ein, sie lähmt den Hund auch immer mehr in seinem Handeln. und er kann auch nicht mehr überlegt oder gar auf ein Kommando reagieren. Passiert dann tatsächlich etwas, ist seine Reaktion meist sehr heftig, egal ob er angreift oder flüchtet. Im schlimmsten Fall gibt sich ein solcher Hund aber auch völlig auf und nach Aussen scheint es, als ob er keine Angst mehr hätte, dabei ist er innerlich einfach nur gelähmt vor Angst (bekannt auch unter dem Stichwort „erlernte Hilflosigkeit“).

Nimm daher seine Angst ernst, steh ihm in dem Moment zur Seite und verlass mit ihm so schnell wie möglich die angstmachende Situation. Dies als Erstehilfemassnahme. Stärke daneben sein Selbstvertrauen und zeig ihm Handlungsalternativen. Auch Entspannungsübungen sowie ausreichend Schlaf- und Ruhezeiten führen zu einer Besserung.

Ist seine Angst jedoch bereits so gross, dass sie seine und deine Lebensqualität einschränkt, so zieh auch eine medikamentöse Unterstützung in Betracht. Wende dich damit aber unbedingt an einen auf Ängste spezialisierten Tierarzt, der die Therapie auf deinen Hund anpasst.

Übrigens kann auch der Einsatz von positiven Strafen zu diesem Gefühl führen. Denn meist weiss der Hund nicht, wann die nächste Strafe kommt und noch weniger wofür. So wie der Hund, welcher öfters mittels Wasserflasche korrigiert wurde und nun damit rechnet, jeden Moment wieder erschreckt zu werden. Verzichte daher deinem Hund zuliebe ganz darauf.

PANIK UND PHOBIEN

Häufig hört man im Zusammenhang von Angst aber auch die Aussage  „Das muss er lernen. Das ist ja nicht so schlimm“

Dabei geht aber vergessen, dass sich der Hund in einer für ihn realen Gefahr befindet. Und wenn er dies immer wieder aushalten oder erleben muss, kann dies dazu führen, dass sich Angst zu Panik steigert und aus Furcht kann eine Phobie werden.

Und so ist der Hund, der in der Stadt durch Geräusche erschreckt wurde, beim nächsten Stadtbesuch vielleicht so panisch, dass er in jeden Hauseingang zu flüchten versucht oder hechelnd in der Leine hängt, mit dem Ziel möglichst schnell wegzukommen.

Und ein Hund, der sich erst nur vor Feuerwerk fürchtete, kann sich mit der Zeit auch vor anderem ängstigen wie Donner, lautem Wind, knallenden Autotüren, Fehlzündungen und knallenden Bändern (dies habe ich so bei meinem ersten Hund erlebt, der mit all diesen Ängsten zu uns kam). Oder auf einmal sind alle Hunde gefährlich und nicht nur der, der ihn angegriffen hat.

TRAUMA UND FRÜHE ERFAHRUNGEN

Sind die Ängste auf ein Trauma zurückzuführen oder hatte der Hund bereits in den ersten Lebenswochen und -monaten stark verängstigende Erlebnisse* erlebt, sitzen diese in der Regel sehr tief. Bei diesen Hunden braucht es dann meist eine umfassende Therapie, welche neben einem Verhaltenstraining auch Medikamente, Nahrungsergänzer und alternative Therapien beinhaltet.
* bei einem Welpen reichen dazu schon mal einmalige Erlebnisse, die aus unserer Sicht nicht einmal gravierend gewesen sein müssen.

EINMAL ERLEBTE ÄNGSTE WERDEN NICHT VERGESSEN
Ist eine Furcht/Angst erst einmal da, bleibt sie im Gedächtnis haften, selbst wenn es lange keinen Grund mehr dafür gab.

Deshalb reicht bei einem vorbelasteten Hund manchmal schon ein kleiner Auslöser, dass seine Furcht/Angst wieder auftaucht. Bei älteren Hunden kommen manchmal auch einfach auch frühere Erinnerungen wieder auf, ohne das was passiert ist.

Deshalb unterstütze deinen Hund und hilf ihm bereits bei ersten Unsicherheiten, damit die Angst keine Kreise zieht. Denn je früher du damit beginnst, desto weniger wird sie sich festsetzen und desto schneller werden sich Fortschritte im Training zeigen.

Du siehst, wie wichtig es ist, die Unterschiede zu kennen. Denn nur dann kannst du auch den richtigen Trainingsansatz für deinen Hund wählen. 

Weiterführende Beiträge zu diesem Thema:

(c) 2021 TeamSchule – Monika Oberli

2 Gedanken zu “Angst, Furcht und Panik

  1. Pingback: Angst beim Hund | TeamSchule für Mensch und Hund

  2. Pingback: Desensibilsierung oder Flooding | TeamSchule - Mensch und Hund

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