Interpretationen sind immer persönlich gefärbt, basierend auf den eigenen Erfahrungen, Gefühlen, Wertvorstellungen und Meinungen.
Wenn ich interpretiere, sage ich was für MICH die wahrscheinlichste und plausibelste Deutung eines Geschehens ist. Deshalb beinhaltet eine Interpretation auch immer meine eigenen Gefühle der Situation gegenüber. Aber auch welche Erfahrungen ich in anderen Situationen schon damit gemacht habe.
Gleichzeitig interpretiere ich dann auch Gefühle und Absichten hinein, die so nicht zwingend stimmen müssen.
Das ist auch mit ein Grund, dass Interpretationen gerne auch mal auf Widerstand stossen: das Gegenüber betrachtet das Geschehen durch seine eigene Brille an Erfahrungen und Emotionen.
Beschreibst du hingegen ohne zu werten, sondern nur das was du mit deinen Sinnen „Sehen, Hören, Fühlen, Riechen und Schmecken“ wahrnimmst, so kann ein anderer Betrachter diese Beschreibung nehmen und sie mit seinen eigenen Beobachtungen vergleichen und ergänzen.
Erklärst du dazu noch bildlich oder mit Analogien was du siehst, wird es für dein Gegenüber noch einfacher, zu verstehen was du siehst: die Augen wirken mandelförmig, die Rutenhaltung erinnert an einen Kringel, es sieht aus als ob der Hund ins Leere schaut …
INTERPRETATION ODER BESCHREIBUNG
Sagst du zum Beispiel dieser Hund ist glücklich, dann interpretierst du dies aufgrund deiner Vorerfahrungen und deines Bildes eines glücklichen Hundes.
Beschreibst du hingegen die mandelförmigen Augen, die Falten in den Maulwinkeln, die angespannte Zunge und die Augenringe so ist dies erst einmal eine objektive, wertfreie Betrachtung. Und gleichzeitig hast du viele Signale gesehen, die deinen ersten Eindruck revidieren – denn dies sind alles Zeichen für einen Hund, der Stress hat.
Oder du nennst einen anderen Hund aggressiv, weil er deinen weggeknurrt hat. Der andere Besitzer hingegen sagt, dein Hund wäre frech gewesen und wäre zu Recht weggeknurrt worden. Wer hat nun mit seiner Interpretation recht?
Du siehst, ohne Beschreiben der Signale und dem Ganzen davor und danach, ist es ganz oft ein reines Ratespiel und Meinung steht gegen Meinung.
BESCHREIBEN IST ABER AUCH NICHT IMMER GANZ EINFACH
Denn nicht immer versteht das Gegenüber so genau was du meinen könntest.
Stell dir vor, du bist mit deiner Kollegin am Telefon und sie soll das nachfolgende Bild nachzeichnen. Und zwar ohne dass sie es sieht sondern alleine aufgrund deiner Beschreibung.
Das ist gar nicht so einfach wie es auf den ersten Blick aussieht. Denn wenn es auch nur wenige Striche und Punkte sind und du auch keine Farbe beschreiben musst, so bleiben doch immer noch genügend Details die es weiterzugeben heisst wie zum Beispiel Grösse und Platzierung im Bild.
Wenn ihr beide das Bild vor euch habt, musst du gottseidank nicht ganz so ins Detail gehen. Aber es bleibt auch dann immer noch genug zum Beschreiben.
Hierzu auch ein lustiges Video in dem Kinder ihrem Vater eine Anleitung erstellen, mit der er sich ein Erdnuss-Marmelade-Brot zubereiten kann.
Bei Videos wird es gleich noch einmal schwieriger und vor allem auch aufwändiger, selbst wenn du dich nur auf wenigen Sekunde fokussierst. Denn damit nichts übersiehst, musst du manche Zehntelsekunde zig-fach anschauen und dich dabei jeweils nur auf ein Körpermerkmal (Ohren, Schwanz, Maul, Augen…) konzentrieren. Und am Ende gilt es dies alles noch einmal in seiner Gesamtheit zu überprüfen.
Deshalb: Mach es dir einfacher und beginne das Beschreiben von Bildern auf dem erst nur ein Hund zu sehen ist und später zwei oder mehr Hunde bevor du dich an Video wagst.
VOR INTERPRETATIONEN IST KEINER GEFEIHT
Selbst wenn wir uns noch so Mühe geben, ganz wertfrei werden wir uns einem Bild nie nähern. Nur schon, dass wir Dinge schneller wahrnehmen, die wir kennen und unseren Erwartungen entsprechen wird uns beeinflussen und wir müssen lernen, dieses immer wieder zu hinterfragen.
Das Wissen darum, soll uns aber auch helfen, dass wir offen für andere Ansichten und Hinweise bleiben und auch mal die Perspektive wechseln können.
Interpretationen sind aber auch nicht nur schlecht. Denn nur wenn wir Gesehenes schnell einordnen ohne uns um die Details zu kümmern, können wir bei Gefahr schnell reagieren. Beim Verstehen unserer Hunde kann dies jedoch leicht in eine Sackgasse führen und uns blind für das tatsächliche Geschehen machen.
Deshalb stell dir immer wieder die Frage: Interpretiere ich gerade oder beschreibe ich tatsächlich?
ABER AUCH EINE BESCHREIBUNG VERRÄT DIR NICHT ALLES
Denn selbst wenn du noch so genau beschreibst, wirst du alleine aufgrund eines Bildes nicht immer genau wissen, was die Hunde tun und noch weniger weshalb. Denn oft braucht es auch noch das Wissen, in welcher Situation das Bild entstanden ist, wie vertraut sich die Hunde sind und was davor passiert ist bzw. wie es weitergegangen ist. Und natürlich auch mehr Informationen über die beteiligten Hunde.
Selbst bei einem vertrauten Menschen erraten wir ja auch immer den Grund, weshalb er etwas tut. Wie viel schwieriger ist es dann bei unseren Hunden, deren Verhalten hündischen und nicht menschlichen Regeln gehorchen.
Aber je geübter du im Beschreiben all der kleinen Details auf Bildern bist, desto früher erkennst du auch die Signale deines eigenen Hundes. Und du wirst mit der Zeit wissen, welche Signale es sind, die dir seine Emotionen und sein nächstes Handeln ankündigen
So wirst du agieren können noch bevor dein oder der fremde Hund es tut. Das wird euch auch den Alltag deutlich leichter und entspannter machen. Und selbst das Training wird dir leichter fallen, wenn du seine Signale verstehst.
© 2021 Monika Oberli, Teamschule.ch
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