Fragt man Hundehalter, woran sie ein Spiel erkennen, nennen ganz viele die Spielaufforderung.

In der Stellung hat der Hund den Vorderkörper abgesenkt und den Po in der Höhe. Und ganz richtig, auf vielen Videos mit spielenden Hunden sieht man tatsächlich Hunde in dieser Haltung. Auffällig ist jedoch, dass sie immer etwas anders aussehen.
Dies ist nicht zufällig, da der Hund die Vorderkörpertiefstellung in vielen unterschiedlichen Situationen und mit unterschiedlichen Bedeutungen benutzt.
DIE VORDERKÖRPERTIEFSTELLUNG MEHR ALS EINE SPIELAUFFORDERUNG
Aus dieser Stellung heraus kann sich der Hund schnell in alle möglichen Richtungen bewegen. Und je weniger tief die Vorderbeine abgesenkt sind, desto kürzer ist seine Reaktionszeit.

Sehr oft wird die Stellung aus dem Stand angenommen.
Aber manchmal springt der Hund auch mit vorgespreizten Vorderbeinen in die VK und stampft dabei kurz auf den Boden. Die Reaktion des Gegenüber ist meist gleich – er geht mit seinem Körperschwerpunkt leicht zurück oder stoppt in seiner Vorwärtsbewegung. Und schon hat der auslösende Hund einen leichten Vorteil.
Hier eine kleine Übersicht an Situationen in denen oft Vorderkörpertiefstellung zu sehen sind:

- Als Deeskalation in einer Interaktion
- Als Übersprungshandlung bei Stress oder einem Konflikt
- Aus Verunsicherung
- Als Taxierstellung beim Einschätzen des Gegenübers
- Nach dem Aufstehen als sogenannte Komforthaltung
- Beim Anschleichen während des Hütens / Lauern
- Als sogenannte Gebetsstellung bei Bauchschmerzen
- Und selbstverständlich als Aufforderung zu einem Spiel
Deshalb schau genau hin, wenn du diese siehst und achte auch auf die Situation, in der du sie siehst.
DIE VORDERKÖRPERTIEFSTELLUNGEN IM DETAIL
Die Vorderkörpertiefstellung als SPIELAUFFORDERUNG (Play Bow)
Der Name ist Programm, denn mit dieser VK soll der andere Hund (oder auch Mensch) zum gemeinsamen Spiel eingeladen werden. Sie ist deshalb auch häufig vor Beginn eines Spiels zu sehen.


Typische Merkmale der Spielaufforderung sind die weichen und runden Körpersignale des Hundes, oft verbunden mit einem Spielgesicht. Weitere Eigenschaften sind:
- Die Augen sind offen
- Der Blick ist weich auf das Gegenüber gerichtet
- Die Ohren sind locker und nicht nach vorne
- Das Maul ist entspannt und oft leicht geöffnet
- Die Vorderbeine sind weit abgesenkt und breitbeinig
- Die Hinterbeine sind in der Regel zurückgestellt uns gerade
- Der Körper ist weich und kurvig
- Der Schwanz ist oft über der Rückenlinie
- Die Spitze zeigt weg vom anderen Hund
- Der Körperschwerpunkt ist mittig
- Die Körperachse versetzt
Diese Spielaufforderung ist in der Regel als Spieleinleitung zu sehen oder nach einer Pause
Die Vorderkörpertiefstellung als ENTSCHULDIGUNG
Innerhalb eines Spiels ist die VK in der Regel eine „Entschuldigung“ nach einer zu heftigen Interaktionen.
Sie ist aber aber auch eine Information an das Gegenüber, dass „das was ich gleich mache ist nicht ernst gemeint its“. Dabei ist der Kopf oft abgelegt und der Blick geht von unten auf den Spielpartner




Die Vorderkörpertiefstellung zur DEESKALATION


Diese wird häufig bei einer (zu schnellen) Annäherung vom Nähernden gezeigt. Dabei besteht eine Ambivalenz zwischen sich Annähern und Bremsen, was sich auch in der Körperhaltung zeigt: die Vorderbeine bleiben stehen während sich der Po noch nach vorne schiebt.
Bei dieser VK ist das Maul schon angespannter, die Maulspalten sind nach hinten gezogen und der Körperschwerpunkt liegt zurück. Die Hinterbeine sind weiter unter den Körper gezogen sowie stärker angewinkelt. Der Körper sowie der Schwanz bleiben jedoch kurvig und letzterer ist meist in Bewegung. Der Blick ist direkt – man möchte sein Gegenüber im Auge behalten.
Die Vorderkörpertiefstellung bei VERUNSICHERUNG


Bei dieser Vorderkörpertiefstellung ist deutlich zu erkennen wie Körperschwerpunkt und Ohren/Ohrwurzeln weg vom anderen Hund gehen. Die Hinterbeine sind eingeknickt und die Pfoten unter den Körper gezogen. Der Hauptdruck liegt hier auf den Vorderpfoten und es ist ein schnelles seitliches oder rückwärts Wegdrücken möglich.
Der Körper bleibt immer noch kurvig und der Schwanz wird tief gehalten. Die Muskeln jedoch sind stärker angespannt und im Gesicht sind erste Stresssignale zu sehen. Der Blick bleibt auf den anderen Hund gerichtet.
Die Vorderkörpertiefstellung aus einem KONFLIKT als STRESSABBAU
Oft sieht man auch Hunde, die um den anderen Hund herum hüpfen und dabei immer wieder in die VK gehen. Auch dies ein Zeichen von Überforderung und eines Konflikts. Da diese VK sehr ähnlich zu einer Spielaufforderung ist, wird sie auch häufig mit dieser verwechselt. Jedoch zeigt die hohe Erregung und die immer wieder zu sehenden Stresssignale, dass es sich nicht um ein Spiel sondern Fiddeln handelt.


Die Vorderkörpertiefstellung als ÜBERSPRUNGSHANDLUNG

Als Übersprungsverhalten wird eine Handlung bezeichnet, welche nicht zur aktuellen Situation passt. In diesem Zusammenhang sind vor allem die folgenden zwei zu beachten. Die VK, die einem Strecken gleicht und ausserhalb einer direkten Begegnung gezeigt wird.
Ähnlich wie bei der Komforthaltung (siehe nachfolgend) werden die Vorderbeine weit nach vorne gestreckt. Aber im Gegensatz zur ersteren sind die Augen geöffnet und der Hund wirkt angespannt. Zeigt eventuell auch leichte Stresssignale.

Dass sich Komfort- und Übersprungshaltung ähneln verwundert nicht. Bedienen sich doch die meisten Übersprungshandlungen alltäglicher Verhaltensweisen und unterscheiden sich nur in kleinen Details. Diese VK kann mit oder ohne direktes Gegenüber gezeigt werden.
Die Vorderkörpertiefstellung als KOMFORTHALTUNG beim Strecken

Diese Haltung zeigen die Hunde meist nach dem Aufstehen, um den Körper zu dehnen. Danach richten sich die Hunde wieder gerade auf.
Bei dieser VK fällt in erster Linie die weit nach vorne gestreckten, parallel liegenden Vorderbeine auf. Dazu die halbgeschlossenen Augen und der entspannt hängende Schwanz.
Die Vorderkörpertiefstellung als TAXIERSTELLUNG (Pray Bow)
In dieser Stellung wird das Gegenüber und sein kommendes Verhalten eingeschätzt. Der Blick ist direkt und hat die Weichheit der Spielaufforderung verloren. Auch der Schwanz beginnt seine Kurvigkeit zu verlieren Der Mund ist geschlossen und der Ohransatz leicht zurückgezogen.



Man erkennt auch deutlich die stärkere Anspannung des Körpers. Der Vorderkörper ist hier sehr stark abgesenkt, die Hinterbeine stehen relativ gerade, sind jedoch leicht unter den Körper gezogen. So sind vorallem seitliche und Vorwärtsbewegungen möglich.
Die Vorderkörpertiefstellung beim HÜTEN, LAUERN und ANSCHLEICHEN


Hier ist die Körperachse deutlich auf das zu hütende / jagende Objekt ausgerichtet. Auch der Blick ist gerichtet und der Hund steht trotz der geduckten Haltung auf seinen 4 Pfoten. Der Schwanz wird tiefgehalten und kommt meist kurz vor dem Lospreschen für einen Moment hoch.
Die Hauptbewegungsrichtung ist hier nach vorne. Der Hund kann aber auch schnell seitlich reagieren.
Die Vorderkörpertiefstellung als sogenannte „GEBETSSTELLUNG“
Zeigt dein Hund eine solche Haltung (oft auch abwechslungsweise mit einem Katzenbuckel), dann ist dies ein Zeichen für starke Schmerzen im Bauchraum. Zögere bei diesen Signalen nicht und nimm Kontakt mit einem Tierarzt auf. Denn sehr oft stecken hier ernsthafte Erkrankungen wie eine beginnende Magendrehung, ein Darmverschluss, eine Nierenkolik und anderes dahinter.

- Unruhe
- Vorderkörpertiefstellung abwechselnd mit Katzenbuckel
- Bauch hochgezogen
- Vorderbeine weit nach vorne gestreckt bei VK
- Stress-/Schmerzgesicht
- Starke Blähungen oder aufgeblähter Bauch
- Starkes Hecheln, manchmal auch Schaum im Maul
- Kot kann nicht abgesetzt werden, Erbrechen
- Schlecht riechendes Aufstossen
- Nachlassenden Vitalfunktionen
- Apathie bis hin zum Tod
Die Vorderkörpertiefstellung in MISCHFORM

Und natürlich finden sich auch bei der Vorderkörpertiefstellung Mischmotivationen, die sich in gegensätzlicher Signalgebung zeigen.
Die Vorderkörpertiefstellung ohne SPIELMOTIVATION
Auch wenn die Vorderkörpertiefstellungen auf den folgenden Bildern der spielerisch gemeinten gleichen, so werden alle aus einem anderen Grund gezeigt.








ACHTE AUF DIE KÖRPERSIGNALE
Aber auch auf die Situation in denen du die Vorderkörpertiefstellung siehst, um zu erkennen, wie sich dein Hunde gerade fühlt.
SPIEL IST ABER NOCH VIEL MEHR
Die Vorderkörpertiefstellung ist nicht das einzige Merkmal, das besagt, ob die Hunde spielen oder nicht. Deshalb geht es hier gleich zu den weiteren Artikeln zu diesem Thema:
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