Auf der Suche nach einem bestimmten Artikel bin ich auf diesen Forumsbeitrag von mir aus dem Jahr 2013 gestossen. Und weil er für mich heute immer noch so viel Gültigkeit besitzt wie damals, habe ich ihn gleich kopiert und in einen eigenen Beitrag eingefügt.
Dem vorausgegangen war eine Diskussion, wann ein Hund noch wie ein Hund leben darf:
******
Ich frage mich, kann es darauf überhaupt eine allgemein gültige Antwort geben. Oder muss diese nicht viel mehr Rasse- und Individuumsspezifisch beantwortet werden.
Denn so verschieden die Entwicklungsgeschichten der einzelnen Rassen, so unterschiedlich sind häufig auch deren Bedürfnisse, welche nicht zuletzt vom Menschen im Rahmen der hündischen Verhaltensmöglichkeiten heraus gearbeitet wurden. Vergleichen wir nur mal die grosse Gruppe der Gesellschafshunde mit z.B. den Hüte- oder Jagdhunden so sieht man alleine schon hier die grosse Bandbreite an Anforderungen an die Haltung, Beschäftigung und teilweise Erziehung dieser Hunde.
Und sind wir überhaupt in der Lage zu sagen, welche Vorstellungen ein Hund von einem Leben hat, in dem er sich wie ein Hund fühlt?
Ich denke, dabei handelt es sich auch sehr oft um Wunschvorstellung von uns Menschen.
Denn kann sich ein Hund, der auf dem weichen Sofa liegen darf, pünktlich sein Essen erhält und bei Nässe und Kälte ein Mäntelchen angezogen bekommt, nicht genauso wohl fühlen, wie der Hund, der frei auf dem Bauernhof seinen Bedürfnissen nachgehen kann, solange auch seine Bedürfnisse befriedigt werden?
Und ist es für jeden Hund wirklich das Grösste, sich draussen im Schmutz zu wälzen oder würde der eine oder andere bei Nässe und Kälte nicht lieber auf lange Spaziergänge verzichten? Oder wie sieht es mit den Hundekontakten aus? Will und braucht diese wirklich jeder Hund?
Oder wie viel Beschäftigung braucht der Hund tatsächlich?
Ich denke, hier wird heute oft viel zu viel oder das Falsche gemacht und mancher Hund wäre froh, er hätte mal einen Tag Pause.
Auch spielt es in meinen Augen eine wesentliche Rolle nach welchen Kriterien der Hund ausgewählt wurde. Ein Bauer auf seinem Hof wird andere Erwartungen an seinen Hund haben und ihn auch anders halten als ein Stadtmensch – um hier einmal zwei komplementäre Haltungsformen zu nennen.
Lebensformen
Ist nun der Hund glücklicher, der frei auf dem Bauernhof umherstreift und zwischendurch den Bauer bei seiner täglichen Arbeit begleitet oder der Hund, der zusammen mit seinem Menschen in einer Stadtwohnung lebt und diesen bei seinen alltäglichen Dingen und auf Spaziergängen begleitet?
Und was ist mit der Forderung nach dem eigenen Garten? Natürlich ist es toll, wenn man mit seinem Hund für gemeinsame Beschäftigungen ab und an in den Garten gehen kann. Aber zwingend notwendig ist dieser nur für wenige Hunde wie zum Beispiel Tierheim-Hunde, die sich noch nicht in die fremde Umgebung raus trauen. Aber nur wenige Hunde sind glücklich, die meiste Zeit alleine draussen im Garten zu verbringen und keinen Zugang ins Haus zu haben. Deshalb kann ein Hund in einer Wohnung ohne Garten genau so glücklich sein. Denn es die gemeinsame Zeit drinnen und auf den regelmässigen Spaziergängen was sich die meisten Hunde wünschen.
Ich glaube, dass dies nicht so verallgemeinert beantwortet werden kann. Denn einerseits ist der Hund dank der Domestikation so anpassungsfähig, dass er sich mittlerweile in ganz unterschiedlichen Lebenssituationen wohl fühlt. Und andererseits kann auch durch die Auswahl des richtigen Hundes sowie der entsprechenden Lebensraumprägung schon ganz viel dazu beigetragen werden, dass die zukünftige Lebensform zu ihm passt.
Und so kann ein Hund in der Stadt ein genauso ein tolles Hundeleben mit vielen Freiläufen und Hundekontakten haben wie ein Hund auf dem Lande, sofern der Mensch um dessen Bedürfnisse weiss und diese auch befriedigt. Und weshalb soll ein Hund seinen Menschen zwischendurch nicht auch in die Stadt zu einem Einkaufsbummel oder ins Restaurant begleiten, wenn ihm dies gefällt. Wichtig ist für ihn doch sehr häufig: Hauptsache, dabei! Vielleicht geniesst er ja sogar all die Aufmerksamkeit, die er dort bekommt (für Jason gibt es z.B. nichts Schöneres, als das Anstehen an Kassen und auf ein nettes Wort und vielleicht ein paar Streicheleinheiten zu warten)
Und genauso wenig kann man sagen, ein Hund auf dem Land hat es toll. Denn auch hier kommt es immer darauf an, was der Mensch mit seinem Hund macht. Denn wie Untersuchungen gezeigt haben, bevorzugen sehr viele Hunde den Menschen gegenüber einem anderen Hund („Im Laufe der Domestikation ist der Mensch dem Hund `wichtiger´ geworden, wie in vielen Untersuchungen zu belegen ist, als es seine Artgenossen sind“ (Feddersen-Petersen 2004)
Was in meinen Augen aber überhaupt nicht geht, ist den Hund zu einer Puppe zu machen oder ihm sein hündisches Verhaltensrepertoire zu verbieten, nur weil sie nicht mit unseren menschlichen Moralvorstellungen übereinstimmen.
Denn ein Hund will nun einmal rennen, will sich auch mal mit einem anderen Hund messen oder ihm lautstark sagen dürfen, Hau ab, ich mag dich nicht.
- Hunde dürfen dreckig sein und auch mal stinken
- Hunde dürfen kuscheln, auf dem Sofa liegen und sich verwöhnen lassen
- Hunde sind aber auch liebenswürdige Opportunisten, die viel dafür machen, dass es ihnen gut geht
- Menschen dürfen mit ihrem Hund reden und sich trösten lassen
- Menschen dürfen mit ihren Hunden spielen und Blödsinn machen, wenn es Beiden drum ist
- Menschen dürfen und müssen für ihre Hunde da sein, sie beschützen und erziehen
Wir müssen unseren Hunden aber auch so lieben und nehmen wie er ist: ein Tier mit hündischem Verhalten, Bedürfnissen und eigenem Charakter
(c) 2020 – Monika Oberli, TeamSchule.ch