Bis heute weiss man zwar nicht genau, weshalb Lebewesen gähnen. Aber sicher ist, dass sie es nicht nur aus Müdigkeit oder Langeweile tun.
Am häufigsten findet sich das Gähnen zwar immer noch vor dem Schlafengehen. Genau so normal empfinden wir das Gähnen nach dem Aufwachen und anschliessendem Strecken. Forscher gehen davon aus, dass dabei die Muskeln im Maul- und Kieferbereich gelockert und die Atemwege geweitet werden.
Was ist aber mit dem Gähnen, das so gar nicht zur Situation zu passen scheint?
Einige Studien deuten darauf hin, dass Gähnen die Temperatur im Gehirn regulieren könnte. Vielleicht ist dies auch der Grund, dass unserer Hunde bei Stress deutlich häufiger gähnen als sonst – das Gehirn läuft heiss.
Besonders interessant finde ich aber auch die Entdeckung, dass ein Lebewesen um so länger gähnen soll, je reicher sein Gehirn an Neuronen und Synapsen ist. Nicht bestätigt werden konnte jedoch, dass es einen Zusammenhang zwischen Gähnen und Sauerstoffmangel gibt.

Dass das Gähnen auch eine soziale Komponente haben könnte, wird ebenfalls diskutiert. Hier sollen Spiegelneuronen dafür sorgen, dass wir uns vom Gähnen anderer anstecken lassen.
Das klappt übrigens auch bei unseren Hunden. Und dies erst noch deutlich zuverlässiger, wenn der Besitzer gähnt und nicht eine fremde Person. So wie auch wir uns eher von bekannten Personen anstecken lassen.
Du siehst, es gibt vielerlei Ursachen weshalb jemand gähnt. Und nicht nur wir, sondern auch Tiere wie Hunde, Katzen, Mäuse aber auch Vögel und Fische gähnen.
Bei vielen Menschen reicht es übrigens schon, wenn sie vom Gähnen lesen oder daran denken, dass sie gähnen müssen. Ist dir dies vielleicht auch gerade passiert?
DAS GÄHNEN UNSERER HUNDE
Schaut man genau hin, erkennt man, dass auch das Gähnen bei unseren Hunden nicht immer gleich aussieht. Manchmal ist es nur ein Bauchgefühl, das uns sagt, das ist kein entspanntes Gähnen. Manchmal zeigt aber auch die Situation, dass hier kein Gähnen passt.
Hunde gähnen zwar wie wir auch wenn sie müde sind, nach dem Erwachen oder bei Entspannung. Wir sehen es aber auch in Situationen in denen wir es nicht erwarten würden wie zum Beispiel im Hundesport, im Kontakt mit anderen Hunden, wenn wir sie streicheln oder fotografieren oder wenn gleich etwas Spannendes passiert.
Und du denkst, das kann doch nicht sein, dass er jetzt müde ist oder sich langweilt. Und damit hast du recht. Es zeigt dass dein Hund gerade überfordert ist mit dem was passiert.

Er befindet sich vielleicht im Konflikt zwischen Nähe und Distanz oder den eigenen Bedürfnissen und deinem Signal. Vielleicht hat er aber auch einfach nicht verstanden, was du gerade von ihm erwartest. Und statt weg zu laufen oder dich anzubellen, löst sich seine Anspannung erst einmal im Gähnen.
Man spricht dann von einem Stressgähnen oder Übersprungsgähnen. Dabei handelt es sich um ein normales Verhalten, das aber in einer unpassendem Moment gezeigt wird.
Nimm dieses Signale wahr und hilf deinem Hund aus dem Konflikt. Oder verändere dein Verhalten und euer Training so, dass es gar nicht mehr dazu kommt.
ENTSPANNTES GÄHNEN ODER DOCH NICHT

Nicht immer sehen wir auf den ersten Blick, was die Ursache für das Gähnen ist. Oder wir haben nur ein Foto vor uns.
Deshalb lass uns doch einfach mal auf die Merkmale schauen, die uns helfen sein Gähnen zu verstehen.
ENTSPANNTES GÄHNEN
Beim entspannten Gähnen atmet der Hund tief durch das weit geöffnete Maul ein. Dabei ist der Kopf in der Regel in den Nacken gelegt und die Augen geschlossen. Auch das Ausatmen erfolgt langsam und ausgiebig.

Dabei ist die Mimik weich, die Mundwinkel sind rund und zeigen keinerlei Anspannung. Die Wangen wirken leicht aufgeplustert und im Ober- und Unterkiefer sind die Zähne zu sehen (sofern welche da sind 🙂 ). Die Zunge kann sowohl vorne oder auch weit zurückgezogen sein. Oft ist sie auch spatelförmig.
Auch bei den Augen sind keinerlei Stressmerkmale zu sehen.
Die Ohren werden während des Gähnens zurückgezogen, aber nicht angelegt.

Siehst du viele dieser Merkmale und es fehlen auch mögliche Stressfaktoren, ist es sehr wahrscheinlich, dass du gerade ein entspanntes Gähnen beobachtest.
GÄHNEN IN KONFLIKTEN UND BEI ANSPANNUNG UND STRESS

Erkennst du jedoch Anspannung um die Augen, im Mundwinkel oder in den Wangen, um nur ein paar zu nennen, kannst du davon ausgehen, dass dein Hund nicht entspannt gähnt.
Auch ein abgehacktes Gähnen, Blinzeln oder Züngeln sprechen dafür, dass du hier ein Übersprungsverhalten siehst.
EINIGE BEISPIELE
Gut zu erkennen ist, dass auf den Fotos nicht immer alle oben genannten Signale zu sehen sind. Aber doch erkennt man, dass auf diesen Bildern kein entspanntes Gähnen zu sehen ist.


Mandelförmige Augen

Augen und Maul

und Maul

stark angespannte Ohren

aber aufgrund Situation Stressgähnen wahrscheinlich

hohe Anspannung

Augen und Maul

Ohre stark zurück

Maul nicht weit offen
Kontext spricht für Anspannung

Kontext spricht für Anspannung

Kontext spricht für Anspannung
STRECKEN UND GÄHNEN NACH DEM SCHLAFEN



Vielen lieben Dank an Alle, die mir ihre Bilder für diesen Beitrag zur Verfügung gestellt haben.
ENTSPANNTES GÄHNEN
Und hier Beispiel für ein entspannten Gähnens.




Solltest du eigene Bilder oder Videos eines entspannt gähnenden Hundes haben, würde ich mich freuen, wenn du mir diese für diese Seite zur Verfügung stellen würdest.
VIDEO
Deshalb schau das nächste Mal genau hin, wenn dein Hund gähnt oder wenn du andere Hunde gähnen siehst, wenn dein Hund in derer Nähe ist. Und hilf ihnen, wenn sie die Situation nicht selber auflösen können.
Und natürlich ist es auch nicht tragisch, wenn dein Hund zwischendurch auch mal aus Stress gähnt, solange es nicht häufig vorkommt. Wenn du es aber während eures Trainings erlebst, dann gilt es dieses anzupassen, damit dein Hund entspannt lernen kann. Das ist nicht nur schneller sondern auch schöner.
© 2022 Monika Oberli – Teamschule.ch
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